Kombinationen unterschiedlicher Systeme

Einfache Rechengeräte dienen normalerweise entweder zur Addition und Subtraktion oder zur Multiplikation und Division. Praktischer aber war schon immer eine Vierspeziesmaschine: ein Rechner, der für alle vier Grundrechenarten einsetzbar ist. Prinzipiell erfüllte das zwar bereits die Schickard-Maschine, allerdings gab es bei ihr wie bei vielen Nachfolgern einen Systembruch zwischen Addition/Subtraktion und Multiplikation/Division. Die erste echte Vierspeziesmaschinen (Maschinen, bei der die Operanden zwischen Eingabe und Ausgabe in der Mechanik bleiben) erschienen bereits im 18 Jahrhundert (Leibniz, Hahn Leupold u.a.), sie waren waren aber noch lange Zeit nicht für Privatleute erschwinglich. Also kombinierten auch noch im 20. Jahrhundert die Hersteller von preiswerteren Rechenhilfen ihre Addierer mit einem Buch, einer Napier-Tabelle oder einem Rechenschieber. Als wirklich brauchbar bezeichnen kann man Zahlenschieber-Rechenschieber-Kombigeräte wie den Castell-Addiator. Viele andere Kombinationen waren jedoch eher dekorativ als praktisch. Die wunderschöne (und recht große) Bamberger Omega wird im Katalog des Arithmeums gar als "fast funktionsloses Spielzeug" verspottet. Auch die Kombirechner aus der Übergangszeit zwischen mechanischen und elektronischen Rechnern wirken heute ausgesprochen exotisch.

Rechenmaschine nach Wilhelm Schickard
Tübingen 1623
Im Original sechsstellig
Von der Maschine sind nur Zeichnungen erhalten.
Animation

Rekonstruktion vierstellig mit Fischertechnik R.A. 2018

Zur Multiplikation und Division werden Vielfache von Zylindern mit den 1616 veröffentlichten Napier-Tabellen abgelesen und auf Einstellscheiben eines Addierweks übertragen. Zusätzliche Drehscheiben dienen zur Speicherung von Zwischenergebnissen.  Rechenbeispiel
Die Erfindung von Schickard ist ein Getriebe mit  "Einzahn", der nur während des Übergangs einer Scheibe von 9 zur 0 in die nächsthöhere Stelle eingreift.
Detlev Bölter hat das Getriebe mehrfach rekonstruiert und die beim Zehnerübertrag zu lösenden Probleme ausführlich beschrieben.

Arithmometer von Tschebyschew
1876
mit Multipliziervorrichtung
Nach einem Entwurf von Thomas Püttmann
R.A. 2019
Neben vielen anderen Maschinen entwarf der russische Mathematiker Tschebyschew das Arithmometer, eine Additionsmaschine (Analogrechner) mit kontinuierlichem Übertrag.
Später ergänzte er eine Multipliziervorrichtung. Hintergrund

Thomas Püttmann hat diese Maschine in Fischertechnik modelliert.  Video
 
Arithmographe Troncet
Pour les quadre opérations
Louis Troncet
Librairie Larousse, Paris
ab 1890
4 fr.
Anleitung Tabellen
Addition mit Stift, 7 Stellen
Hakenzehnerübertrag, keine Löschvorrichtung
Zusätzliche Fensterreihe mit Komplementärzahlen
Subtraktion durch Eingabe des größeren Betrags in die Komplentärzahlreihe und Addition des kleineren Betrags.
Zweites Modell "pour les quadre opérations"
mit schwarzen Flächen für Bleistiftnotizen und beigefügter Multiplikationstabelle.
Patent    ►Andere Modelle
Biographie Louis Troncet  ►Rechnerlexikon 
Genaille-Lucas-Stäbe
auf Papier als Multiplikationshilfe zu Raymond-Addierer


(im Original Beigabe zu einem Troncet Arithmographe)

Rekonstruktion R.A. 2022
Download (.xls)
Louis Troncet entwickelte mehrere Varianten eines größeren Arithmographe mit verschiedenen Multiplikationshilfen (meist Napier-Schieber). Darunter befahnd sich auch eine Abart der Genaille-Lucas-Stäbe auf Papierstreifen.
Ich habe diese Klapptabelle rekonstruiert und mit dem Raymond-Addierer von 1948 kombiniert.

Original-Kombination  Original-Tabelle
Bamberger Omega
Justin W. Bamberger & Co
München
Modell 3 von 1906
38 / 48 Mark
Gebrauchs-Anweisung
Die Basis der "Rechenmaschine" besteht aus einem Zahlenschieber ohne automatischen Übertrag nach dem Prinzip des Locke Adders, der mit Fingern bedient wird. Zusätzlich ist im Additionsteil ein Notizblock integriert.
Im Deckel der Kiste findet sich eine mit Schiebern einstellbare Tabelle nach dem Prinzip der Napier-Stäbe, die das Ein- bis Neunfache einer links eingestellten mehrstelligen Zahl anzeigt, und eine Merkhilfe für mehrstellige Faktoren. 
Prospekt des Vorgängers  Vergleichstest 1906
Universal Calculator
Columbus Calculator Co.
(Buchbinderei Franz Kritz)
Wien ca. 1920

Produx Saldo-Maschine
Otto Meuter, Hamburg
Modell Standard ab 1928
Klapptafel mit einer 3 m langen Doppelskala in 20 Abschnitten. Eine lineare Skala von 0 bis 100 (Ziffern schwarz) ist kombiniert mit einer loga-rithmischen Skala von 100 bis 1000 (Ziffern rot). Man sucht auf der roten Skala zwei Zahlen auf und liest daneben auf der schwarzen Skala deren Logarithmus ab. Diese addiert man mit dem Zahlenschieber, sucht auf der schwarzen Skala die Summe auf und liest auf der roten Skala das Produkt ab. Die Kombination Columbus / Produx  ist willkürlich. Columbus Addiergerät
Ähnliche KombinationMaximator-Tabelle
Maximator
(OEM-Addiator)
ca. 1950
C. Kübler, Berlin
Addiator Negativ mit zusätzlichem "Speicherwerk" auf einem Tischfuß aus Gusseisen. Das Speicherwerk ist ein einseitiger Addiator, mit dem Zwischenergebnisse addiert werden können.
addiator.de

Ausgeliefert wurde der Maximator auf Wunsch auch mit dem dicken Tafelwerk "Multi-Divi" oder der handlichen "Maximator Logarithmentafel"
Rechnerlexikon
Addiator Negativ
SN 173844
mit Multix
C. Kübler, Berlin
Anleitung 
Addition / Subtraktion 8 Stellen
Subtraktion auf der Rückseite
Auf der Rückseite mit Anzeige für negative Zahlen. Bedienung mit Stift, Hakenzehnerübertrag
Andere Zahlenschieber-Kombinationen Anleitung

Anklemmbare Zusatzvorrrichtung "Multix" mit Notizfeldern aus löschbarer Wachsfolie zur Beschriftung mit dem Rechenstift. Das obere Feld ist gegenüber dem unteren verschiebbar. 
Funktion 
DA 702
Master, Belgien
1950er Jahre
Näheres
Addition / Multiplikation, 9 Stellen
Eine über Batterie oder 110V-Kabel betriebene rote Lampe zeigt an, ob der jeweils bediente Stellenschieber nicht nach unten, sondern nach oben zu ziehen ist. Gesamtlöschung mit Kurbel.
Auf zwei gegeneinander verschiebbaren Papierstreifen kann man der Reihe nach die Teilfaktoren einer Multiplikationsaufgabe ablesen, deren Produkt im Kopf berechnen und im Rechner aufsummieren (Funktion siehe Multix).
Castell Addiator
Faber-Castell
12,5 cm-Skala
System Rietz 67/87
1963
 
Kombination eines Rechensschiebers für Multiplikation, Division, sin, tan und Wurzeln mit einem Addiator-Zahlenschieber für Addition und Subtraktion auch negativer Zahlen.
NäheresSliderulemuseum
Faber Castell TR1
Faber Castell
Stein bei Nürnberg
12,5cm-Skala
1974
ca. 450 DM
(geschätzt)
SN 015070172
Kombination aus Taschenrechner (für Grundrechenarten) und rückseitigem Rechenstab (für Wurzeln, Trigonometrie, Logarithmen,...). Heute sind die Akkus kaputt und nur der Rechenstab funktioniert noch.
Taschenrechner mit Soroban
Sharp Elsi Mate EL 8048
No. 002
ca. 1980



Etwa 10 Jahre nach Einführung der ersten Taschenrechner stellte die Firma Sharp mehrere Ausführungen eines "Tascherechners" mit angebautem Abakus her. Welches der beiden Geräte für die Hauptarbeit und welches für die Kontrollrechnung bestimmt war, ist im Nachhinein nicht mehr feststellbar.
Nathan Zeldes   Sunny 
Addiator
Multiplier
UGEARS
Ukraine
2021
22 €
Funktionierender Bausatz
aus lasergeschnittenem Sperrholz
Addition und Subtraktion, vierstellig
Multiplikation 1x1 bis 12x12
Hersteller

Rechenwerkzeug.de