Das Schaltklinkenprinzip
Die erste Schaltklinkenmaschine
In seinem Buch "Theatrum Arithmetico-Geometricum"
►L 43 schreibt Jacob Leupold 1727: "Nachdem ich vor mehr als zwanzig Jahren gelesen, daß man
Rechen-Machinen erfunden, so ist mir gleichfals der Appetit hierzu
ankommen, solche nicht allein zu sehen, sondern auch wohl selbst
zuerfinden. Weil nun das erste nicht geschehen konnte, als habe ich zu
inveniren angefangen, und nach und nach in die vier bis fünff Arten
heraus gebracht, die ich auch soweit ins Werck gericht, daß ich den
Effect unterschiedlichen Freunden zeigen konnte."
Die innere Skalenreihe stellt das Einstellwerk, die äußere das Resultatwerk dar. Wie das Einstellwerk, so ist auch Resultatwerk mit Zeigern zum Einstellen und Löschen versehen. Zur Addition stellt man auf dem Einstellwerk den ersten und auf dem Resultatwerk den zweiten Summanden ein. Dann dreht man die Kurbel zweimal im Gegenuhrzeigersinn und findet die Summe im Resultatwerk. Für die Subtraktion gibt es auf dem Resultatwerk eine Reihe mit Komplementärzahlen. Bei Multiplikation und Division muss die Kurbel mehrfach gedreht werden und das Einstellwerk gegenüber dem Resultatwerk verstellt werden. Der Ring um die Achse der Kurbel mit den Zahlen 0 bis 9 stellt ein einstelliges Umdrehungszählwerk dar. Will man die auf dem Einstellwerk eingestellte Zahl mit 4 multiplizieren, so steckt man einen kleinen Stift in das Loch neben der 4 auf dem Ring und dreht die Kurbel so lange, bis der Stift beim Anschlag angekommen ist. Nach jeder Stelle muss der Ring manuell auf Null zurückgestellt werden. |
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Der Mechanismus für den Zehnerübertrag im Resultatwerk ist aus der
Abbildung links ersichtlich: Die mit den Zeigern gekoppelten Zahnräder
I, H und G (in der Aufsicht untere Reihe) sind über eine zweite
Zahnradreihe K, L, M (in der Aufsicht obere Reihe)
gekoppelt. Von diesen drei Rädern greift aber jeweils nur ein Zahn in
das Rad der nächst höheren Stelle ein. Damit dieser Zahn eine Bewegung
durch den Einstellzeiger nicht behindert, ist er als federnder Hebel
ausgestaltet, der in einer Richtung schleift. In der Vorderansicht sieht man ganz oben die Einstellzeiger, darunter das Gehäuseblech, dann die Zahlenscheiben und darunter wieder die versetzt angeordneten Zahnräder. Ganz unten auf jeder Achse sitzt ein kleines Zahnrad. Dieses stellt die Verbindung zum Einstellwerk her. |
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In Figur III sind nun die oberen Zahnräder, also der
Übertragsmechanismus des äußeren Räderwerks nicht sichtbar. Abgebildet
sind nur die drei untersten Sägezahnrädchen der Achsen I, H und G zusammen
mit einer oben in der Vorderansicht nicht enthaltenen Sperrklinke, die
das Rückwärtsdrehen verhindert. Wie werden nun die Werte vom
Einstellwerk ins Resultatwerk übertragen? Unter dem Zeiger jeder Stelle
des Einstellwerks sitzt eine Schnecke (v) wie sie in Figur V abgebildet
ist. Je nach Einstellung wird ein Hebel (l, m, n), der auf diese
Schnecke im Punkt s aufliegt angehoben oder abgesenkt. Dreht man
nun an der Kurbel, so wird der in der Abbildung dunkler abgebildete
Zahnkranz gegen den Uhrzeigersinn zwischen dem inneren und dem äußeren
Werk hindurchgeführt. Auf diesem Zahnkranz ist ein langer Hebel mit
einem Sägezahnsegment N beweglich montiert. Dieser trägt an der Stelle x
eine kleine Treppe, wie sie in Figur IV in Vorderansicht gezeichnet
ist. Der Die Zunge des Hebels n drückt an dieser Treppe das Zahnsegment
nach außen und die Feder h drückt es wieder nach innen, sobald die
Treppe die Zunge n passiert hat. Liegt der Hebel n tief, so wird das
Zahnsegment über die ganze Breite der Treppe nach außen gedrückt und
bewegt das Zahnrad J um neun Positionen weiter. Liegt der Hebel jedoch
ganz oben, so wird die Treppe unter dem Hebel hindurchgeführt und das
Zahnsegment N greift gar nicht in das Zahnrad J ein. |
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Wie Leupold weiter schreibt, hat er diese Maschine "auch schon vor etlichen Jahren in
den gehörigen Stand versetzet, bis auf die Externa und Abtheilung
der Zahlen". Leute, die die Maschine nach seiner Anleitung bauen
wollen, mahnt er: "Inzwischen ist noch zu erinnern, daß solche Machinen
sehr delicat zu verfertigen seyn, und wann einer der solche bauen will,
die Sache nicht fundamental innen hat, und daneben mit einem scharffen
Judicio mechanico versehen ist, mag er nur beizeiten davon abstrahiren."
Leupold starb im Jahr 1727, noch vor Erscheinens seines Rechenmaschinen-Buches. Die von ihm erwähnte unvollendete Maschine gilt als verschollen. Ernst Martin ►L 5 schreibt 1925, dass "die Konstruktion nie zur Ausführung kam". Johann Paul Bischoff hatte zuvor schon in seinem 1804 erschienenen "Versuch einer Geschichte der Rechenmaschine" ►L 36 bezweifelt, dass der Zehnerübertrag bei Leupolds Maschine über mehrere Stellen hinweg funktionieren könne. Jedoch existiert im Deutschen Museum eine Ausführung des Leupold-Entwurfs mit der Aufschrift "Braun invenit, Vayringe fecit". Anton Braun, ein Zeitgenosse Leupolds, der selbst eine Sprossenradmaschine konstruierte und baute, hat sie bei seinem Tod 1728 unvollendet hinterlassen, und Philipp Vayringe, ein lothringischer Uhrmacher, hat sie schließlich 1736 repariert und fertig gestellt. Mittlerweile existieren drei funktionsfähige Repliken. |
Quelle: Archiv E. Anthes
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