Arbeiten mit variabler Skala

Der Österreicher H. Joseph Gerber (1924 - 1996) war vor den Nazis nach USA geflohen, wo er Ingenieurwesen studierte. Weil er häufig Zeichnungen mit verschiedenem Maßstab auszuwerten hatte, konstruierte er sich dafür eine verstellbare Skala - zunächst auf einem Gummiband, später als Stahlfeder. Für die Produktion gründete er eine Firma, heute Drucker, Plotter und numerisch gesteuerte Schneidmaschinen herstellt.

Die "Gerber Variable Scale" wurde von den fünfziger bis weit in die neunziger Jahre produziert. Sie besteht aus einer Spiralfeder aus Stahl mit dreieckigem Querschnitt, die in zusammengezogenem Zustand 1 Zoll lang ist und sich bis auf eine Länge von 10 Zoll ausziehen lässt. Eine parallel zur Skalenfeder angebrachte runde Spiralfeder trägt die Markierungen 0,2,4,6,8,10 zum leichteren Ablesen. Auf dem Körper des Lineals befinden sich drei feste Skalen: die Skala I, auf der der Streckfaktor der variablen Skala abgelesen werden kann, die Skala RI, auf mit dem Kehrwert von I (Anzahl der Teilungen der variablen Skala pro Zoll) und die Skala L10, die den Wert 100,1*I (Hilfsskala zum Interpolieren von Punkten auf logarithmisch angelegten Graphen) anzeigt. Während die lineare Skala I erst mit dem Streckfaktor 1 beginnt, ist die logarithmische Skala auf die absolute Länge der Spiralfeder bezogen und beginnt deshalb theoretisch unter deren Nullpunkt.   

Neben der schmalen "Variable Scale" gab es noch die Luxusausgabe "Graphanalogue" mit mehr Hilfsskalen

 

Hier einige Anwendungsbeispiele (Anmerkung: Bei meinem Exemplar war die Skalenfeder links einmal abgerissen und wurde unfachmännisch repariert. Daher sind der Nullpunkt und die ersten Teilstriche schlecht ablesbar):

1) Auf der Legende einer Karte wird der Maßstab abgegriffen. Mit dem Lineal lassen sich auf der Karte beliebige Strecken messen. Auf ähnliche Weise können Luftaufnahmen ausgewertet werden.

 

2) Teilung einer Strecke in z.B. 7 Teile ohne zu rechnen. Die 7 der Skala wird auf den Endpunkt der Strecke gesetzt, dann können die Teilungsstriche mithilfe der Skala gezeichnet werden.

3) Zentrische Streckung einer Figur in beliebigem Maßstab, z.B. 5:3. Der Nullpunkt der Skala wird auf den Ausgangspunkt Z der zentrischen Streckung gesetzt. Für jede Ecke des Originals wird die 3 der Skala auf den Originalpunkt P ausgerichtet, der Bildpunkt P' kann bei 5 gezeichnet werden.

Das Handbuch nennt weitere Anwendungen, z.B. das genaue Ablesen von Plots unter Einbeziehung von Korrekturfaktoren, die Interpolation von Zwischenwerten in Skalen oder die Bestimmung von Schwerpunkten.
 

Natürlich kann man mit der "Variable Scale" auch bequem multiplizieren und dividieren. Man benötigt dazu allerdings eine zweite Skala. Wenn man man z.B. die 10 der variablen Skala auf  die 74 der festen Skala ausrichtet, kann man an den Teilungen der variablen Skala beliebige Prozentsätze von 74 ablesen:

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