Der reanimierte Massenspeicher


Konto: Die Rechnung

IBM 3850 Massenspeicher (Magnetspulensteuereinheit) des Großrechnersystems IBM 3033
Armonk NY 1980-1983 - Metall, Silizium, Kunststoff, Plexiglas, Kupfer

Das Rechnen ist die Voraussetzung für die Arbeit von Banken. Banken entstanden im 15. Jahrhundert durch die Verwaltung und den Verkehr des Geldes von Händlern und Fürsten. Das Gut (Haben) wie die Schuld (Soll) der Kunden werden kontiert, das heißt schriftlich berechnet und dokumentiert. Es gibt ein Konto, das den Giro (Umlauf) des Geldes im Zahlungsverkehr festhält.

Seit den 1970-er Jahren regeln Großrechner den elektronischen Zahlungsverkehr von Banken. Die Firma IBM war und ist Weltmarktführer in der Herstellung von Großrechnern. Ihre erste Anwendung fanden diese in Forschungseinrichtungen, Großbanken und Industriekonzernen. Das Massenspeichersystem IBM 3850 war Teil des leistungsfähigsten Großrechnersystems 3033 ("The Big One") der IBM. Das System wurde seit 1977 betrieben. Es war der einzige Großrechner mit Wasserkühlung. Der Kaufpreis lag bei 3,8 Millionen US-Dollar. Die Speicherkapazität betrug maximal 500 GB. Das Massenspeichersystem IBM 3850 besteht aus den Magnetplatten IBM 3320, der Magnetplattensteuereinheit IBM 3830 und der eigentlichen Massenspeichereinrichtung IBM 3851. Zu seiner Zeit war es der größte je in Betrieb befindliche Massenspeicher.

Das Speichermedium des IBM 3851 ist eine Patrone, die einen aufgewickelten Streifen Magnetband enthält, der 19m lang und 15cm breit ist. Das Magnetband speichert 50 MB Daten. Lagerplatz für eine Patrone ist die sechseckige Wabe. Im IBM 3851 waren zwischen 500 und 10.000 Waben untergebracht. Die Patronen werden dem Data Recording Device (DRD) zugeführt Dieses liest oder beschreibt die Patronen mit Hilfe eines Accessors. Das ist ein Greifer, der die Patrone aus der Wabe herausholt, zum DRD fährt und dort hineinsteckt und umgekehrt.

Das hier gezeigte Massenspeichersystem IBM 3850 wurde 1980 von der Citibank in Frankfurt in Betrieb genommen. Im Mai 2008 wurde hier das größte Rechenzentrum der Citibank außerhalb der USA eingeweiht. (Beschriftung der Ausstellungsvitrine im Historischen Museum)

Museumsbesucher drücken gern Knöpfe und sehen gern Bewegung

In Frankfurt hatte der "Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte" FITG über viele Jahre Exponate für ein Technikmuseum gesammelt, das gepalnt war, aber letzten Endes nicht verwirklicht wurde. Jedoch erhielten einige der gesammelten Stücke 2017 im Neubau des Historischen Museums einen würdigen Platz. Darunter befanden sich Teile eines Systems, das in den 1980-er Jahren bei der Citibank eingesetzt worden war. Die Zentraleinheit, deren Arbeitsspeicher mit teurem Kernspeicher bestückt gewesen war, war längst verschrottet. Erhalten geblieben war ein Element des so genannten "Massenspeichers": ein Wabensystem mit Hunderten von Bandkassetten, deren Daten einst bei Bedarf in den Hauptspeicher eingelesen, verändert und wieder zurückgespeichert wurden.

Obwohl diese Übertragungsvorgänge lokal gesteuert worden waren, konnte das Steuerungssystem zur Auswahl der richtigen Bandkassette, zum Einspannen des Magnetbandes und zum Auswerfen der Kassette nicht mehr rekonstruiert werden, weil Teile fehlten oder nicht mehr funktionsfähig waren. Ein ehemaliger IBM-Mitarbeiter besorgte jedoch anstelle der ursprünglich verwendeten von Codestreifen gesteuerten Encodermotoren zwei kräftige Schrittmotoren, mit denen wir die Bewegungen des Magnetkassetten-Transports im Zeitlupentempo optisch rekonstruieren konnten Gesteuert wird das Ganze von einem Arduino. Die Steuereinheit mit Arduino, Tastatur, Netzteil, Verstärkern und Schrittmotortreibern ist in der unteren rechten Ecke des rechten Bildes zu sehen.

 
  1. Nach dem Einschalten fährt die Säule des Roboters zuerst an den linken,
    danach fährt der Pickerkopf an den unteren Anschlag.
  2. Auf den Knopfdruck eines Besuchers wählt der Arduino die Position
    einer zufälligen Kassette aus. Der Pickerkopf fährt zu dieser Position.
  3. Der Picker zieht die Kassette magnetisch aus der Wabe und dreht sie
    zum Betrachter. Dann fährt er sie zur Leseposition und schiebt sie ein.
  4. Der Lesevorgang wird von faxartigen Geräuschen simuliert und von
    kurzen Erläuterungen auf dem Display des Arduino begleitet.
  5. Der Picker entnimmt die Kassette wieder aus der Leseöffnung und fährt
    mit ihr zur ursprünglichen Wabe zurück.
  6. Der Arduino wartet auf einen neuen Tastendruck an der Vitrine.

Fotos und Video: Dietmar Stroh, FITG

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