Die erste Rechenwalze mit Abschnittsskalen

Eine Rechenwalze von 1881 mit dem Charme der Gründerzeit ist Thacher's Calculating Instrument. Eine hölzerne Walze mit zwei Griffen in einem Gitter aus 20 dreieckigen Blechstäben. Das Gitter kann in zwei seitlichen Halterungen rotiert werden, und die Walze ihrerseits sitzt in dem durch Stoffstreifen ausgepolsterten Gitter und lässt sich darin rotieren und längs verschieben.

Die Anleitung von 1884 bemerkt zur Konstruktion: The original rule in use is 12 inches long, with radii of II and 5 1/2 inches, the divisions of which are cut by hand, copying from a machine divided plate. In the present instrument the radii are 60 and 30 feet, the divisions of which are printed directly from machine divided plates. Those plates contain over 33,000 divisions, calculated to seven places of decimals from Babbage's tables by using a common multiplier, every line being subjected to correction for error of screw and temperature variations, so that possibly every line center is within .0001 inch of its true place." The instrument consists of a cylindrical slide, which admits of both rotary and longitudinal movement within an open metallic framework of 20 equidistant triangular bars. The bars are connected to rings at their ends which admit rotation within standards attached to the base. Upon the slide are wrapped two complete logarithmic scales, each of which is divided into 40 parts of length equal to half that of the slide. The parts follow each other in regular order around the cylinder, and the figures and divisions which constitute any part of the right are repeated on the left, one line in advance.

Die Walze der Thacher trägt eine ca. 9 m lange logarithmische Skala A in 20 parallelen Abschnitten. Weil normalerweise ein Teil der Walze aus dem Gitter herausragt, ist die Skala doppelt aufgetragen: Neben dem mittleren A beginnt oben der Skalenabschnitt von 100 bis 112,5, darunter der erste Abschnitt einer um die Hälfte versetzten Skala (105,9 bis 118,8).

Auf den dreieckigen Stäben der Hülle findet sich, ebenfalls doppelt, die Skala B. Während die obere A-Skala dem letzten Skalenabschnitt der versetzten B-Skala gegenüberliegt (945,1 bis 105,0) beginnt gegenüber der unteren A-Skala die Skala B neu (100 bis 112,5).

Die B-Skala ist mit Skala C auf der Außenseite der Stäbe kombiniert. Diese ist doppelt so lang wie die B-Skala und dementsprechend nur einmal vorhanden. Sie enthält die Wurzeln zur B-Skala. Da die Wurzeln von Zahlen gerader und ungerader Stellenzahl nicht dieselbe Ziffernfolge aufweisen (√16 = 4,    √160 = 12,64), müssen Radikanden mit ungerader Stellenzahl auf der linken Hälfte der Stäbe und solche mit gerader Stellenzahl auf der rechten Hälfte der Stäbe aufgesucht werden.

Mit den Skalen der Thacher lassen sich mit einer Einstellung bis zu vier Rechenvorgänge erledigen:
(Logarithmische Rechenskalen verarbeiten nur die Ziffernfolge einer Zahl. Die Stelle 441 der Skala kann ebenso 0,441 wie 44100 bedeuten. Die Größenordnung muss durch Überschlag ermittelt werden) 

Multiplikation: 49 * 12
Die 1 von Skala A auf 49 stellen, bei der 12 von Skala  A das Ergebnis 588 ablesen.

Division 441 / 49 nach Methode 1:
Die 49 der Skala B auf die 1 von A einstellen, gegenüber der 441 von Skala B das Ergebnis 9 ablesen.

Division: 441 / 9 nach Methode 2:
Die 9 der Skala A auf die 441 der Skala B einstellen, bei der 1 von Skala A das Ergebnis 49 ablesen.

Proportionen: 588 : 120 = 441 : x 
Gegebene Proportion auf den Skalen A und B gegenüberstellen, dann gegenüber der 441 auf Skala B das Ergebnis 120 ablesen.

Quadrate: 21²
Basiszahl auf Skala C aufsuchen, darüber oder darunter auf Skala B das Quadrat ablesen

Wurzeln: 588
Den Radikanten 588 auf Skala B aufsuchen, auf zugehöriger Skala C die Wurzel ablesen.
Die 588 ist auf Skala B zweimal vorhanden: Bei Radikanten mit gerader Stellenzahl (58,8 oder 5880) muss die 588 der rechten Hälfte benutzt werden, bei Radikanten mit ungerader Stellenzahl (5,88 oder 588) die 588 der linken Hälfte.

Vier kombinierte Rechnungen mit einer Einstellung:
   
Zur 21 (Skala C) das Quadrat 441 ablesen (Skala B), durch 9 dividieren (auf A daneben stellen), dann mit 12 multiplizieren (auf A aufsuchen). Zwischenergebnis 588 (B) quadrieren (auf C ablesen).

Wenn man eine der beiden Skalen kontert (Rückwärtseinstecken der Walze), wird aus der Multiplikation mit x die Multiplikation mit dem Kehrwert 1/x. Also lässt sich nach dem oben beschriebenen Multiplikationsverfahren dividieren. Um 729 durch 9 zu teilen, stellt man die 1 der Skala A auf die 729 der Skala B und liest bei der 9 der Skala A den Quotienten 81 ab.

Zum Dividieren wird man normalerweise die Walze nicht umgekehrt einstecken. Nützlich ist dieses Verfahren jedoch, um Kubikwurzeln zu bestimmen: Um die 3. Wurzel aus 729 zu ermitteln, stellt man die 1 der gedrehten Walze auf die 729 der Skala B ein. Dann sucht man einen Punkt, bei dem die Skalen A und C denselben Wert aufweisen. (Für diesen Punkt gilt: 729 : 9 = 9²).

Leider hat das Verfahren einen Haken: Es gibt auf dem Gerät insgesamt drei Punkte, bei denen die A- und die C-Skala denselben Wert aufweisen.  Einer der drei Werte gilt für Kubikwurzel aus 1-stelligen, 4-stelligen, 7-stelligen Zahlen usw., einer für die Kubikwurzel aus 2-stelligen, 5-stelligen, 8-stelligen Zahlen usw. und der dritte für die Kubikwurzel aus 3-stelligen, 6-stelligen, 9-stelligen Zahlen usw. Also muss man eine Überschlagsrechnung vorausschicken, um zu entscheiden, welcher Wert der gesuchte ist.

Der Thacher-Rechenzylinder wurde bis Anfang der 50er Jahre verkauft. Hier ein Auszug aus dem Katalog von 1915:

Dasselbe Prinzip wie in der Rechenwalze findet sich im Logaritmal und in Illgens Rachentafel - nur eben zweidimensional.

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